Es braucht keinen fixen Geldbetrag

Ortspartei Kloten

Am 29. November stimmen die Klotener über die Initiative «Nachhaltiges Kloten» der GLP ab. Dagegen wehrt sich ein Komitee aus SVP, FDP, CVP und dem Gewerbeverein. Peter Nabholz (FDP) sagt, warum die Initiative abgelehnt und der bürgerliche Gegenvorschlag angenommen werden sollte.

In der Zwischenzeit ist die Abstimmung beendet und der Gegenvorschlag mit 55% angenommen und die Initiative mit 60% abgelehnt worden.

Eine Interview von Danie Jaggi mit Peter Nabholz (FDP.Die Liberalen Kloten)


Peter Nabholz, Sie fahren ein Benzin-Auto. Wäre es nicht schön, ein Elektroauto zu fahren. Das würde das schlechte Gewissen beruhigen?
Stimmt, ich fahre einen benzinbetriebenen Opel Insigna. Ich habe dabei kein schlechtes Gewissen. Die Rettung der Welt ist keine Frage des Gewissens, sondern des Tuns. Was es dazu braucht, sind Technologie, Fortschritt und Entwicklung – und nicht zuletzt: einen klaren Kopf.

Aber es wäre angesichts der Klimaerwärmung doch sinnvoll, nachhaltiger zu leben. Sind Sie da nicht auch gleicher Meinung?
Absolut gleicher Meinung. Der Alltag prägt unser Leben und damit auch die Art und Weise, wie wir uns darin verhalten, zum Beispiel im Bereich Wohnen, Ernährung und Fortbewegung.

Was tun Sie konkret, um den CO2-Ausstoss zu reduzieren?
Ich wohne energieeffizient und eine Erdsonde bringt Wärme in mein Zuhause. Aufgrund meines Jobs kann ich die Woche über den ÖV benutzen. Meine Lebenspartnerin und ich schauen bei unserem Wocheneinkauf sehr genau, dass er aus der Schweiz kommt. Wir sind damit auch bereit, mehr auszulegen und mehr Zeit zu investieren. Ich finde es von Linksgrün anmassend, mit dem Finger auf Personen zu zeigen, die in einem Haushalt leben, in dem die Wärme noch mit einer Ölheizung produziert wird, aufgrund ihrer Arbeitsstelle auf das Auto angewiesen sind und – vielleicht als wichtigstes Argument – weder das Geld noch zeitliche Ressourcen haben, sich nachhaltig, moralisch vorbildlich und somit «perfekt» zu verhalten.

2016 haben die Bürgerlichen im Gemeinderat die Förderung energetischer Massnahmen aus dem Budget gestrichen. In der Folge hat die GLP ihre Nachhaltigkeitsinitiative lanciert. Hat Sie das überrascht?
Nein.

Warum nicht?
Die GLP hat immer wieder von Anschubfinanzierung gesprochen. Dass diesesThema in eine Initiative verpackt wurde, hat mich nicht mehr überrascht.


Die Initiative der GLP setzt sich für ein nachhaltiges Kloten ein. Das ist doch ein ehrenwertes Ziel?

Das Ziel ist erstrebenswert, nicht ehrenwert. Kloten ist heute schon in diesem Bereich vorbildlich unterwegs, das zeigt, dass wir Bürgerlichen in den letzten Jahren Nägel mit Köpfen gemacht haben.

Das heisst konkret?
Am Beispiel der Treibhausgasemissionen liegt unsere Stadt gemäss dem Bericht zur Energiebilanz 2018 mit 5,8 Tonnen CO2 pro Einwohner im Jahr unter dem Schweizer Durchschnitt. Die Reduktion in Kloten ist somit seit 2015 höher als diejenige im nationalen Durchschnitt. Und das ganz ohne Initiative.

Das heisst, die Initiative ist überflüssig?
Nein, aber um diese Entwicklung weiterführen zu können, braucht es keinen fixen Betrag sondern bedarfsgerechte Massnahmen. Ehrenwert wäre es, wenn die GLP die vom Souverän eingesetzte Energiekommission mit eigenen Ideen unterstützen würde.

Die Initiative verlangt, dass bis 2035 jährlich 600 000 Franken für nachhaltige Projekte eingesetzt werden. Was ist daran so falsch, dass die Bürgerlichen einen Gegenvorschlag ausarbeiten mussten?
Die Initiative generiert keine konkreten Massnahmen. Die Geldmittel werden fix und planwirtschaftlich gesprochen. Die Initiative lässt den Gemeinderat als Volksvertretung aussen vor, ebenso die soziale und ökonomische Nachhaltigkeit. Der Grund unseres Gegenvorschlages war auch die Bekämpfung des Gegenvorschlag des Stadtrates, der lediglich behördenverbindlich war, falsche Akzente gesetzt hätte und die Sozialverträglichkeit ausser Acht liess.

Was mir nicht ganz klar geworden ist, wer erhält eigentlich die 600 000 Franken. Werden damit nachhaltige Projekte
von Privaten, wie beispielsweise Erdsondenheizungen oder Fotovoltaikanlagen auf meinen Dach unterstützt, oder benützt die Stadt das Geld für die energetische Sanierung ihrer Liegenschaften?
Hatten die Initianten in der Grossauflage vor zwei Wochen nicht die Möglichkeit, uns diese Frage zu beantworten? Ich finde es befremdend, Steuergelder auszugeben, ohne den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern aufzuzeigen, was damit
geschieht.

Dennoch: Wofür wird das Geld Ihrer Ansicht nach verwendet?
Die Antworten darauf hat die Energiekommission erarbeitet, es geht um die räumliche Energieplanung. Das beinhaltet beispielsweise auch Gestaltungspläne, Machbarkeitsstudien für bestimmte Systeme und Wärmeverbünde in Quartieren. Daneben stehen die mannigfaltigen Massnahmen wie beispielsweise Potenzialabklärungen von strategischen Grundwasser- und Holznutzungsplanungen, der Klärung von Potenzial an Solarwärme, Holz, Biogas, Umweltwärme und die Zukunft der Gasversorgung in Kloten. Dies kann nachhaltige Projekte von Privaten, aber auch dem Gewerbe einschliessen.

Betrachten wir den Gegenvorschlag der Bürgerlichen etwas genauer. Warum enthält er keinen fixen Betrag. Das würde
den Prozess, nachhaltige Projekte zu fördern, doch beschleunigen?
Geld rettet die Welt nicht, Massnahmen tun es. Deswegen erarbeitet die Energiekommission zuerst die Massnahmen, der Gemeinderat spricht anschliessend die nötigen Gelder. Bedarfsgerecht, zweckgebunden, effizient. So macht es jeder Unternehmer, alles andere ist Planwirtschaft.

Besteht mit dem Gegenvorschlag der Bürgerlichen angesichts der derzeitig schwierigen finanziellen Situation Klotens nicht die Gefahr, dass vorderhand wenig gemacht wird, weil kein fixer Betrag gesprochen werden muss?
Nein, die Massnahmen wurden gemeinsam durch alle Parteien in der Arbeitsgruppe Energiestrategie erarbeitet und liegen für die Umsetzung bereit. Kloten steht seit Jahren bei den CO2-Emissionen vorbildlich da, dies unter bürgerlicher Führung und aktiver Zusammen- und Mitarbeit.

Im Gegenvorschlag wird verlangt, dass alle vier Jahre ein Rahmenkredit beantragt wird. Im Ernst, wenn wie jetzt das
Geld in der Stadtkasse knapp wird, dann wird dieser Rahmenkredit doch als Erstes gestrichen.
Auch in Covid-Zeiten gilt, prioritäre Investitionen nicht aufzuschieben. An dieser Vorgabe kann uns das Volk jederzeit messen.

Wie sicher ist es denn, dass das Parlament alle vier Jahre einen Rahmenkredit für die von der Energiekommission gesetzten etappierten Ziele auch spricht?
Wir arbeiten doch nicht jahrelang am Projekt Energiekommission an vorderster Front mit, wenn wir die Absicht hätten, dies alles abzulehnen.

Die Energiestrategie des Bundes strebt 2050 einen CO2-Ausstoss bei netto null an. Besteht nicht die Gefahr, dass Kloten
mangels konkreten Geldanreizen dieses Ziel verfehlen wird?
Nein, die Vorgabe wird erstens durch das übergeordnete Ziel des Bundesrates konkretisiert, das vorsieht, dass die Schweiz bis 2050 das Ziel netto null CO2 erreichen muss und die Energiekommission ist überzeugt, dass Kloten sich schon heute für eine konsequente Reduktion der CO2-Emissionen einsetzen muss, um die Vorgaben von netto null CO2 bis im Jahre 2050 erreichen zu können. Dieser Energieumbau soll sozial verträglich und ökonomisch umgesetzt werden.

Der Stadtrat hat in seinem Gegenvorschlag, der aber nicht zur Abstimmung kommt, den Ausstieg aus fossilen Energien bis 2050 bestimmt. Warum ist im Gegenvorschlag der Bürgerlichen dieses klare Ziel nicht enthalten?
Das Ziel «fossilfrei» ist lediglich behördenverbindlich, es macht Sinn, die städtischen Liegenschaften, wenn möglich, auf fossilfrei umzustellen. Ich stelle die Frage, wie sieht es im Moment bei privaten und gewerblichen Liegenschaften aus? Ich stelle dies am Beispiel des Punktes 5.2.2 aus der kommunalen Energieplanung dar. Die Verbunde auf Basis von Umweltwärme, also Erdsonden-, Grundwasserund Holzwärmeverbunde, sind in der Regel aus technischen und aus Kostengründen auf eine fossile Spitzenabdeckung angewiesen. Wenn wir den Begriff «fossilfrei» in die Gemeindeordnung verankert hätten, würde bei Spitzenlast ein Teil der Klotener Bevölkerung, welche in Zukunft einem Verbund angehängt werden sollte, in einer kalten Wohnung sitzen. Das wollen meine bürgerlichen Kolleginnen und Kollegen und ich nicht.

Ist es kein erstrebenswertes Ziel, bis 2050 in Kloten den fossilen Energien den Rücken zu kehren?
Ja, daher haben wir aus der FDP auch einen Antrag gestellt, in der kommunalen Energieplanung in Kapitel 2.1.1 unter «Ziele Gesamtenergiestrategie» das Wort «möglichst fossilfrei» einzusetzen, welcher auch von allen Parteien angenommen worden ist und bald dem Parlament zur Annahme vorgelegt wird.

Die Bürgerlichen loben immer wieder die Arbeit der Arbeitsgruppe Energiestrategie, die ja bald Energiekommission heisst. Genau diese Arbeitsgruppe soll, so hört man, den stadträtlichen Gegenvorschlag mit ausgearbeitet haben, über den, wegen des bürgerlichen Gegenvorschlags ja jetzt nicht abgestimmt werden kann. Da verstehe ich die Welt nicht mehr.
Falsch, die Arbeitsgruppe Energiestrategie hatte gar nichts mit dem Gegenvorschlag des Stadtrates zu tun. Dieser wurde im stillen Kämmerlein der Exekutive ausgearbeitet und nie in der Arbeitsgruppe behandelt.

Sie loben die Energiekommission, weil sie «dafür sorgen wird, dass in der Klotener Energie- und Umweltpolitik die Massnahmen entlang einer ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeitsschiene zur richtigen Zeit und am richtigen Ort eingesetzt werden».
Ja, der Gegenvorschlag bindet alle Parteien ein, ist sozial verträglich und steuert die bedarfsgerechten Massnahmen flexibel. Unser Gegenvorschlag schliesst alle Umweltfaktoren ein und nicht nur die erneuerbaren Energien der Initianten.

Der Abstimmungskampf der Bürgerlichen ist nicht leicht. Man muss nämlich Nein zur Initiative der GLP sagen und gleichzeitig Ja zum Gegenvorschlag. Wie schätzen Sie die Erfolgschancen ein?
Und nicht vergessen: bei der Stichfrage das Kreuz beim Gegenvorschlag zu setzen.

Sie sind zuversichtlich, die Abstimmung zu gewinnen?
Mit einer guten Mobilisierung durch CVP, FDP und SVP wird es klappen.

Ich tippe auf ein knappes Abstimmungsergebnis. Und Sie?
Ja, das glaube ich auch.

Peter Nabholz

Gemeinderat